Spiegelschrank
Sie sitzt vor ihrem Spiegelschrank.
Das Schwämmchen und den Pinsel in der Hand.
Jede Rötung, jeder Fleck, jeder Augenring kommt weg.
Sorgfältig alles abgetupft,
damit wenn man sie ruft,
niemand sieht, dass in dieser jungen Frau ein kleines Mädchen lebt.
Sie sitzt vor ihrem Spiegelschrank.
Lidschatten und einen Lippenstift in der Hand.
Die Farben sind perfekt gewählt
und die Narben von denen sie keinem erzählt bleiben versteckt.
Damit niemand das kleine Mädchen in ihr entdeckt.
Sie sitzt vor ihrem Spiegelschrank und blickt sich mit leeren Augen an.
Sie sieht eine Frau mit dunklen Augen, roten Lippen, perfektem taint und glänzendem Haar.
Und dann rollt leise eine Träne aus den dunklen Augen, über den perfekten taint und perlt schließlich von ihren roten Lippen ab.
Denn das kleine Mädchen in ihr kann sie nicht überschminken.
Sie kann es nicht mit Haarspray verhüllen oder mit Haarnadeln wegstecken und verbergen.
Denn das kleine Mädchen gehört zu ihr.
Es macht sie zu der die sie jetzt ist.
Und es sorgt dafür das sie nie die Wünsche des kleinen Mädchens in sich vergisst.
Dieses kleine Mädchen hat vor allem eins: Angst
Angst nicht gemocht zu werden.
Angst nicht schön genug zu sein.
Angst nicht auszureichen.
Und diese Angst kann dem Mädchen keiner nehmen, diesem kleinen Mädchen das so gern geliebt werden möchte.
Und so Sie sitzt vor ihrem Spiegelschrank,
denn sie hat noch nicht erkannt,
dass niemand ihr da helfen kann.
Denn Liebe fängt doch bei ihr selber an.
Sie ist doch eine eine schöne junge Frau,
nur sieht das keiner.
Sie ist doch intelligent und talentiert,
nur merkt das keiner.
Und sie ist doch liebenswert,
nur liebt sie sich nicht.
Und so sitzt sie vor ihrem Spiegelschrank den Schmuck schon in der Hand,
den sie sich anlegt wenn sie weggeht,
der glitzert und glänzt,
weil sie hofft das jemand erkennt,
jemand bemerkt das sie schön ist, intelligent und talentiert und vor allem eins: liebenswert.
Und so steht sie auf vor ihrem Spiegelschrank.
Los zu gehen jemanden zu suchen der die junge Frau mit den dunklen Augen, den roten Lippen, dem perfekten taint und dem gestylten haaar lieben könnte.
Weil sie hofft das so die Angst verginge,
weil sie hofft das endlich jemand da draußen ihr wahres ich erkenne.
Und nächsten Samstag?
Da sitzt sie wieder vor ihrem Spiegelschrank das Schwämmchen und den Pinsel in der Hand.


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